Dr. Mesalla, bisher stellvertretender Direktor am Berliner Renaissance-Theater, wurde Generalintendant der aus den Bühnen von Flensburg, Rendsburg und Schleswig gegründeten Schleswig-Holsteinischen Landestheater und Sinfonieorchester GmbH. / Berliner Tagesspiegel, 27.9.1973.
DER GENERAL GEHT VON BORD Am 31. Juli wird die überaus erfolgreiche Generalintendanz von Dr. Horst Mesalla enden. EINMALIGE Seitdem begann eine einmalige Erfolgs
Story des Theater- und Konzertwesens im nördlichen Landesteil von Schleswig-Holstein. Obwohl 1974 Skeptiker im Flensburger Tageblatt dem neu gegründeten Landestheater nur eine Lebensdauer von zwei Jahren einräumten und in der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung zu lesen war, Dr. Mesalla würde mit seinem „Flensburger" Orchester das Musikleben in Rendsburg zerstören, ist nichts davon eingetroffen. Das Landestheater feierte jüngst sein 25jähriges Jubiläum, und in Rendsburg sind die stets ausverkauften Sinfoniekonzerte eine starke Bereicherung des kulturellen Lebens der Stadt.
Die Fusion brachte dem Theater und Orchester sowie den Rechtsträgern unter der Generalintendanz von Dr. Mesalla erhebliche Vorteile. Die drohende Schließung des Theater- und Orchesterbetriebes in Flensburg, Rendsburg und Schleswig wurde verhindert, eine Senkung der Theaterzuschüsse konnte bereits in der ersten Spielzeit um 2.500.000 DM erwirtschaftet werden. Als echter Theaterprinzipal kümmerte sich Dr. Mesalla jedoch auch in dieser Zeit bereits um die sozialen Belange seiner Mitarbeiter. Die Künstlergagen wurden deutlich verbessert. Das Orchester wurde vergrößert und die Gehälter um zwei Tarifklassen auf TVK B erhöht, desgleichen die Gagen des Opernchores und des Balletts. Durch die künstlerischen Erfolge und die solide Wirtschaftsführung gelang es dem Generalintendanten und Geschäftsführer nach vier Jahren, die Gesellschafter davon zu überzeugen, die jährliche Kündigungsmöglichkeit der Gesellschafter zum Austritt aus der GmbH auf vier Jahre zu erhöhen. Das war eine entscheidende Maßnahme zur Zukunftssicherung des Theater- und Orchesterbetriebes im nördlichsten Landesteil Schleswig-Holsteins. EIN FULMINANTER In den ersten 25 Jahren spielte das Landestheater an 7.085 Tagen 14.619 Vorstellungen und zählte 5.407.077 Besucher in seinen Vorstellungen. In 580 Premieren wurde dem Publikum im Land zwischen den Meeren die große Bandbreite und der Reichtum des Theaters und Konzertes gezeigt. SPANNENDE Der Spielplan des Schauspiels reichte über die großen Dramen und Schau-spiele von Aischylos über Anouilh, Brecht, Calderon, Dürrenmatt, Fallada, Goethe, Hacks, Hauptmann, Kishon, Miller, O'Neill, Ostrowskij, Remarque, Schiller, Shakespeare, Shaw bis Zuckmayer. Einen gewichtigen Anteil nahmen die Zeitstücke und Zeitstückfolgen in der Spielplangestaltung ein. DAS ENSEMBLE Diese Spielpläne wurden von einem hochqualifizierten und motivierten Ensemble zu glutvollem Theaterleben erfüllt. Beim Nordwestdeutschen Theatertreffen erhielt das Ensemble den Ensemblepreis. Prominente Schauspieler und Schauspielerinnen holte Dr. Mesalla an das Landestheater. Dietmar Schönherr hat hier gespielt, Heinz Drache, Karl Walter Diess, Heidemarie Hatheyer, Karl John, Heli Finkenzeller, O. E. Hasse, Curd Jürgens, Maria Becker, Robert Freitag, Gisela Trowe, Margot Trooger, Axel von Ambesser und viele andere. THEATERNEUBAUTEN Generalintendant Dr. Mesalla kämpfte unermüdlich für den Neubau von Theatern in Itzehoe und Neumünster, für den Umbau des alten Kursaales in Westerland zu einem voll gültigen Schauspieltheater. In Leck wurden in einer Mehrzweckhalle eine Bühne und ein Orchestergraben gebaut, deren Größe annähernd den Ausmaßen des Flensburger Hauses entspricht. Unermüdlich betrieb der Generalintendant die Sanierung der Stammhäuser in Flensburg, Rendsburg und Schleswig, die schließlich auch mit einem vielfachen Millionenaufwand in den Sitzstädten erfolgten. Durch seinen Einsatz erhielt Flensburg ein Studio- und Experimentiertheater. Auf der jüngsten Jahreshauptversammlung der Flensburger Theaterfreunde e.V. überreichte deren Vorsitzender Max Stark dem Generalintendanten eine Spende in Höhe von 50.000 DM. Dieser Betrag soll der weiteren Verbesserung der technischen und künstlerischen Einrichtungen des neuen Studiotheaters zugute kommen. In Rendsburg und Schleswig wurden Kulissen- und Lkw-Aufzüge gebaut, die der Arbeitserleichterung und Erhöhung der Arbeitssicherheit für die Bühnentechniker dienen, auf deren Schultern die täglichen Auf- und Abbauarbeiten der Dekorationen im Spielgebiet des Landestheaters lasten: einem Stadttheater auf Rädern. IMPULSE FÜR DIE DEUTSCHE Vom Landestheater gingen nach der Wiedervereinigung große Impulse für die deutsche Theaterlandschaft aus. Die Fusion des Schleswig-Holsteinischen Landestheaters und Sinfonieorchesters gilt als ein Musterbeispiel und ist eine der ganz wenigen geglückten Theaterfusionen in Deutschland. Generalintendant Dr. Mesallas Rat wurde von den Landesregierungen in Mecklenburg Vorpommern und Sachsen eingeholt und fand Niederschlag in dortigen Neuordnungen der Theaterlandschaft. Nicht nur die künstlerischen Leistungen des von Dr. Mesalla als Generalintendant aufgebauten hochqualifizierten Künstlerensembles sicherten dem Landestheater seinen großen Erfolg, sondern auch die solide Wirtschaftsführung. In dem von Dr. Mesalla als Geschäftsführer per 31. Juli 1999 vorgelegten Jahresabschluss ist ein bilanziertes Eigenkapital in Höhe von 3.559.000 DM enthalten. Infolge guter Wirtschaftsführung auch in seiner letzten Spielzeit kann Dr. Mesalla darüber hinaus 257.000 DM als Haushaltsrest in die folgende Spielzeit übertragen lassen. Insofern wird Generalintendant Dr. Mesalla auch als Geschäftsführer nach 26 Jahren ein solide geführtes Theater und eine gut gefüllte Kasse übergeben. Daß es einmal in Schleswig-Holstein eine Theaterkrise gegeben hat, die zur Auflösung der ehemaligen Theater und Orchester geführt hat, ist vergessen und vorbei.
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